als die Summe seiner Teile

03 das Ganze1 2014

Geladener Wettwerb für das Moritz-Arndt-Gymnasium, Berlin Steglitz, 2014

Konzept:
Der Entwurf für das Arndt-Gymnasium bezieht sich auf sich wandelnde Bildungsmodelle und nähert sich diesen auf einer sehr frei erfahrbaren Wort-Bild-Aktivitätsebene an.
Ausgehend von den `sieben Freien Künsten´, die in der Antike eines der ersten Bildungsmodelle darstellten, schlägt es die Brücke zu zeitgenössischen Bildungsansätzen.
Im Schulgebäude, als einem Raum in dem Bildung vermittelt wird, erzeugt die künstlerische Arbeit eine Metaebene, die den Begriff der Bildung und seine Wandelbarkeit im spielerischen Betrachten und Erzählen erfahrbar macht.
Folgendes Zitat von Lao Tse bildet dabei die Grundlage für die 3 Ebenen Wort, Bild und Aktivität:
Sage es mir, und ich werde es vergessen.
Zeige es mir, und ich werde mich daran erinnern.
Beteilige mich, und ich werde es verstehen.

Wort
Sage es mir, und ich werde es vergessen

Im Zentrum der Arbeit steht der Satz: Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile
Dieser Zitat von Aristoteles vertritt die holistische Auffassung, dass ein System als Ganzes funktioniert, sich jedoch nicht aus einem bloßen Zusammenrechnen der Einzelteile herleiten lässt. Diese metaphysische Vorstellung der Welt, wurde in der Antike erstmals philosophisch begründet.
Auf der zentralen Wand erscheint der Satz wie eine kryptische, nicht näher erläuterte These, an die man sich allenfalls denkend herantasten kann.

Bild
Zeige es mir, und ich werde mich daran erinnern

Ebenfalls aus der Antike stammt die Vorstellung der `sieben Freien Künste´, die eine Grundausbildung garantierten, welche zur wissenschaftlichen Arbeit befähigte. Ihre Hauptziele waren es zwischen Realität und Fiktion zu unterscheiden. Dadurch, dass man lernt, wie man denken sollte - anstatt was man denken sollte - bildet dieser Ansatz die Basis für die Kunst und die Wissenschaft. Ein Zeichen der Bildung, das nahezu allen Bildungstheorien gemein ist, lässt sich umschreiben als das reflektierte Verhältnis zu sich, zu anderen und zur Welt.

Die sieben Freien Künste und ihre Bilder sind folgende:
1. Themen rund um Kommunikation und Sprache (Trivium)
Grammatik - Rutenbündel - Wissen - aus Rohdaten schlüssige Wissensbasis bilden
Logik - Schlange - Verständnis - aus Wissensbasis Zusammenhangsverständnis herstellen
Rhetorik - Griffel - Weisheit - Wissen und Verständnis an andere kommunizieren

2. Themen rund um Zahlen und deren Bezug zu Zeit und Raum (Quadrivium)
Arithmetik - Rechenbrett - Zahlen - als solche
Geometrie - Zirkel  - Zahlen im Raum (Architektur)
Musik - Instrument - Zahlen in der Zeit
Astronomie - Astrolabium - Zahlen in Raum und Zeit

Aktivität
Beteilige mich, und ich werde es verstehe

Jeder der sieben Freien Künste ist ein Erzählvorschlag zugeordnet, der auffordert, etwas aus der eigenen Erfahrung, dem eigenen Wissensschatz zu erzählen. Das Wissen und das Verständnis wird dabei an andere weiter vermittelt. Diese Aktivität des `Erzählen üben´ unterstützt die Bildung eines individuellen Weltbildes.
Die Erzählvorschläge sind so formuliert, dass sie einerseits das jeweils zugrunde liegende Bild einer der sieben Freien Künste, eine Disziplin ahnen lassen, gleichzeitig aber einen aktuellen Bezug zum zeitgenössischen und individuellen Lebens- und Bildungskontext erfahrbar machen. So verlangt eine Aufforderung wie „Erzähle von einem Ort, der sehr weit weg ist“ sich selber in Bezug zur räumlichen, aber auch zur vorgestellten Welt zu setzen. Die Aufforderung „Erzähle welches Talent du hast und wie du es nutzt“ erfordert ein Einschätzen der eigenen Person und der Wirksamkeit meines Tuns.
Die persönliche Ansprache der Erzählvorschläge macht bewusst, dass dieser Prozess des Benennens, Sehens und Begreifens, aus dem sich unsere Konzepte und Modelle der Realität bilden, dieser nicht entsprechen, sondern die Realität nur abbilden. In anderen Worten: Die Landkarte ist nicht das Land selbst, sondern beschreibt es nur. 

03 das Ganze2 2014

Farbkonzept:
Die farbliche Ausarbeitung der Elemente richtet sich nach dem Farbkonzept für das gesamte Gebäude und wird mit den Architekten abgestimmt. Die in diesem Entwurf verwendete Farbgebung hat lediglich Vorschlagscharakter.
Orte im Raum:
Das Zentrum der Arbeit ist die zentrale Wand mit dem Satz „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“.
Der Satz ist aus farbig transparentem Plexiglas gefräst und schwebt einen Zentimeter vor der lasierten Wand. In die Wandlasur als Farbaussparung eingearbeitet sind die den sieben Freien Künsten zugeschriebenen Bilder. Sie erscheinen wie negative Schattenbilder, die ihr positives Gegenüber an Wänden finden, die über 7 Orte im Gebäude verteilt sind. Jedes der im Gebäude auftauchenden Bilder ist kombiniert mit je einem Erzählvorschlag, der die Farbe des zentralen Satzes auf der Wand aufgreift.
Die Orte werden mit den Architekten abgestimmt.

Über den Ort hinaus ... Erzähle ...
Begleitend zur im Gebäude wirkenden Arbeit wird ein Kartenspiel herausgegeben, das mit weiteren Erzählvorschlägen angefüllt ist und die Arbeit aus dem Schulgebäude ins Leben hinaus trägt.
Die Erzählvorschläge bauen auf den sieben Freien Künste auf und erweitern sie zu einer aktuell anwendbaren, spielerisch erfahrbaren Wissensbildung. Die Kinder werden mit 28 Vorschlägen aufgefordert sich gegenseitig Dinge zu erzählen, die sie ihrem Erfahrungsschatz entnehmen. So können sie spielerisch die Elementarkompetenzen von Bildung (Wissen – Denken – Kommunikationsfähigkeit) erproben, d.h. sie können im Spiel die Kunst lernen, ihr Wissen und Verständnis an andere zu vermitteln.
Das Kartenspiel erscheint in analoger Printform zusammen mit einer Dokumentation, die die Hintergründe der künstlerischen Arbeit beleuchtet und in einen Kontext einbettet. Der (kostengünstige) Verkauf des Spiels garantiert die Nachdruckmöglichkeit nach Ausverkauf der Auflage.
Das Spiel erscheint auch als kostenfreie App, die die massenhafte Verbreitung dieses Edutainmentansatzes für alle (Handy besitzenden) frei zugänglich macht.